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Götter und Glaube in Atvia

In Atvia herrscht Religionsfreiheit. Die Bewohner sind nicht gebunden in ihrer Entscheidung was und wen sie verehren möchten, soweit bei der Ausübung der dazugehörigen Riten kein anderer zu Schaden kommt. Von dieser Ausnahme abgesehen, steht es jedem Atvianer und jedem Fremdländer zu, in religiösen Ansichten zu handeln und zu denken wie er möchte. Gemäß den Edikten zu Hondart - dem einschlägigen Gesetzestext Atvias - ist es untersagt, einen Glauben mit Gewalt oder unter Drohung zu verbreiten und der Hohe Rat sowie seine Stellvertreter achtetn strikt auf die Einhaltung dieses Gesetzes.

Es gibt auf Atvia vereinzelt fremdländische Wanderprediger, die, ihren Glauben verbreitend, durch die Lande streifen, doch gibt es in Hondarth z.B. keinen einzigen festen Tempel. Manche der älteren Bewohner Atvias erinnern sich noch gut an einen Glauben, dem ihre Ahnen angehörten und vereinzelt spricht man noch zu den Kindern von den “Alten Göttern” oder den “vergessenen Göttern”, während draussen der Winterwind an den Holzläden rüttelt.

Ab und an trifft man in den dichten Wäldern Atvias auf Reisende, die auf Wanderungen an Ruinen von alten Tempeln oder Schreinen vorbei gekommen sein wollen und man hört munkeln, dass nur die letzten der Gilde der Weltenwandlerinnen noch genaue Aufzeichnungen besitzen, wo die alten Gemäuer verborgen sind und welcher Gottheit sie geweiht waren. Rhavin zu Berboran, der Bibliothekar zu Hondarth, befindet sich zur zeit wieder einmal auf der Suche nach Schriftrollen und anderen Informationen zu diesem interessanten Thema.

Hierzu nun noch ein Auszug aus dem Atvia 9 - Forenrollenspiel -

Kapitän Karon streckt sich und gähnt hinter vorgehaltener Hand. “Stört es euch, wenn ich mir meine Pfeife anstecke? Möchtet ihr vielleicht auch…? Ah, nein, gehen wir doch ein wenig an die frische Nachtluft, dann werde ich euch gern alles berichten, was ich über die Alten Götter weiss.” Er bietet Cataja seinen Arm an und bittet auch den Katzer höflich, ihm nach draussen zu folgen.

Als die Tür sich hinter ihnen geschlossen hat und sie ein paar Schritte gegangen sind, beginnt er mit leiser Stimme zu erzählen.”Mein Wissen über die Alten Götter verdanke ich, wie erwähnt, der Mutter meiner Mutter, die als eine der Letzten dem Orden der Zhunrite, oder den Weltenwandlerinnen, wie man sie auch nannte, angehörte. Sie erzählte uns, als meine Brüder und ich noch im Knabenalter waren, viele Geschichten aus der alten Zeit.

Sicher habt ihr schon von der Alten Weberin erzählen hören? Sie wurde auch die Schicksalsgöttin oder weise Muttergöttin genannt. Sie erschien den Menschen als freundliche alte Frau mit schlohweißem Haar, krummem Ruecken und halb blinden Augen. Sie webt die Fäden des Schicksals in ihren Händen und besitzt die Gabe der Hellsicht, sagen die Alten. Der Webstuhl und das Spinnrad sind ihre Symbole. Es gehen Gerüchte um, dass sie im Elsterngebirge gesehen worden sein soll vor… hmmm.. “, er überlegt eine Weile und zieht an seiner Pfeife…, “ja, vor zwei Götterläufen etwa. Im Vorwinter.

Nunja, der mächtigste der Vergessenen Götter war zweifelsohne der Alte Wanderer, oder der Ruhe- oder Rastlose, wie ihn manche im Norden nannten. Er erscheint als ein alter, muede aussehender Mann in einem braunen weiten Gewand. Er steht als Sinnbild fuer die Vergänglichkeit, den Lebensweg aber auch die Mildtätigkeit und die Gnade. Doch ähnlich einem strengen Vater zeigt er sich erbarmungslos gegenueber denen, die kein Erbarmen kennen und straft sie unnachgiebig. Ah, dazu fällt mir gerade ein Auszug aus einer alten Legende ein, die sich um ihn rankt, ” er räuspert sich vernehmlich und beginnt zu zitieren, ” Er ist eine hohe ernste Gestalt; sein Gesicht ist bräunlich von Farbe, aber bleich, mit langem Barte, sein Haar schwarz mit grauen Strähnen durchzogen, sein Gewand ein langer brauner Talar, mit einem derben Seil umguertet, seine Fußbekleidung starke Schuhe, mit Riemen um die Knöchel befestigt. Muede scheint der Mann und der Ruhe sehr beduerftig.”

Karon blickt Shaylight an und fährt fort, “Er wandert rast- und ruhelos durch die Welten und ist der Schutzpatron der Reisenden. Sein Symbol ist der Wanderstab.” Karon zieht an seiner Pfeife und schickt einige kleine Rauchwolken gen Himmel, bevor er leise fortfährt, “Dann wäre da noch unsere persönliche Schutzgöttin, die Perlenkönigin, oder auch Perlnixe genannt.” Er lächelt bei diesen Worten verträumt. “Sie ist die Göttin der Meere und Seen des Atvias vergangener Zeitalter. Sie erscheint als wunderschöne Nixe mit perlmuttfarbenem Fischschwanz und gebietet ueber das Meer und die Stuerme. Angeblich hat sie eine Schwäche für flötenspielende Knaben am Ufer, die sie gern zu sich nimmt. Die alten Sagen erzählen, dass sie aus gekenterten Schiffen manchmal die Rechtschaffenen rettet, die Suendigen aber in die Tiefe zieht. Auch soll sie des Nachts vor großen Stuermen am Meeresufer singen und so die Menschen vor dem Unheil warnen. Sie ist die Schutzpatronin der Fischer und Seefahrer und aller Meeresbewohner. Ihre Symbole sind Perle, Wellen und Muscheln.” Mit einem Fingerzeig in Richtung des Großbaums fährt er fort, “Das ist auch der Grund dafür, dass jedes göttergefällige Schiff im Mastholz eine Muschel oder eine Perle eingelassen hat. Dieser Brauch ist bis heute erhalten geblieben.”

“Letztendlich möchte ich euch nun von der Weltenwandlerin erzählen. Sie wird auch als große Hagazusshra (phon. Hagasussra) oder große Zunrithe (phon. Sunrite) bezeichnet, was in der Alten Sprache soviel wie Heckengeist oder Zaunreiterin bedeutet. Sie erschien den Gläubigen in Gestalt eines Waldkindes oder einer Kräuterfrau, die den Menschen früher oft Hilfe zuteil werden ließ, bevor sie zwischen den Ranken bluehender Heckenrosen spurlos verschwand. Ihr müsst wissen, im Alten Atvia sahen die Leute die Hecken nicht nur als natürliche Grenzen zwischen zwei Feldern, sondern auch als Trennung zwischen zwei Welten. Doch das ist wie gesagt, sehr alter Humbug.” Und lächelnd fährt er an Cataja gewandt fort, “Den Gläubigen dieser Gottheit, hauptsächlich Frauen, wurde großer Respekt entgegen gebracht. Ihnen wurde nachgesagt, sie vermochten zwischen den Welten zu wandeln und verfuegen ueber mächtige Zauberkräfte.

Die Weltenwandlerin war die Schutzpatronin der Kräuterkundigen und Hebammen. Ihre Symbole sind die bluehende Heckenrose und die Sichel. Versteht ihr nun, warum ich darauf kam? Ihr tragt nahezu die selbe Ranke an eurem Gewand und der Halbkreis auf Eurem Stab sieht einer Sichel nicht unähnlich.” Karon zieht abermals an seiner Pfeife und sieht den Rauchwölkchen traurig hinterher. “Doch die Alten Götter verloren an Macht und heute erinnert sich kaum noch jemand an sie. Wohl nur noch gerade so wenige, dass sie noch nicht ganz in Vergessenheit geraten sind.”

Während er erzählte, hatte sich Karons Zuhörerschaft unmerklich um den kleinen Vhes erweitert, der sich von hinten angeschlichen hatte und nun auch aufmerksam lauscht. “Wie ihr sicher wisst, wurde Atvia vor vielen Jahren von den Falkenburgern überfallen. Damals waren die Alten Götter noch mächtig und geachtet und die Macht ihrer Priester noch dementsprecheng gewaltig. Nun haben aber die Falkenburger, wie weithin bekannt - sowohl etwas gegen Magie, als auch gegen fremde Götter und besonders gegen jede Form von Macht, die nicht unmittelbar von ihnen ausgeht.” Er blies einige Rauchkringel in den sternenklaren Nachtimmel und blickte Shaylight und Cataja ernst an. “Während des Überfalls steckten die Falkenburger alle Gebäude in Brand, an denen sie vorüberzogen. Die Tempel eingeschlossen. Wer nicht floh, fand sich in Sklavenketten auf den falkenburgischen Schiffen wieder. Das galt ganz besonders für alle, die Magie beherrschen konnten. Diesen ging es besonders schlecht. Atvia war zur damaligen Zeit noch weniger dicht besiedelt als heut zu tage, doch nach diesen Schreckenstagen war es nahezu ausgestorben. Aus Furcht verkrochen sich die Menschen für lange Zeit in die Hochwälder und beteten im Stillen zu den Göttern. Diese hingegen offenbarten sich den Menschen nicht mehr wie früher und so starb der Glaube an sie nahezu aus.”

2024  Atvia